
Es war die 70. Minute im Münchner Olympiastadion am 28.5.1997! Das deutsche Sturm-Juwel Lars Ricken wird im Champions-League-Endspiel gegen den Schweizer Stephane Chapuisat eingewechselt. Und nur elf Sekunden später liegt ihm die ganze Fußballwelt zu Füßen!
Er kam, sah und lupfte mit seiner ersten Ballberührung aus 22 Metern das entscheidende Tor! Das 3:1 gegen den haushohen Favoriten Juventus Turin war nicht nur wunderschön, sondern auch eminent wichtig. A Star was born!
Kaum ein Fußballkenner hätte es für möglich gehalten, dass Juves Star-Ansammlung um Zinedine Zidane, Alen Boksic, Christian Vieri, Didier Deschamps und Alessandro Del Piero das Endspiel gegen den BVB verlieren könnte. Ähnlich wie im anstehenden CL-Finale zwischen ManCity und Inter Mailand am 10. Juni waren die Rollen eindeutig verteilt. ManCity ist klarer Favorit, so wie Juve vor 26 Jahren. Ein Inter-Sieg wäre ein ähnlich großer Paukenschlag wie der Erfolg des BVB im Sommer 1997.

BVB besiegte Juventus Turin dank grandioser Teamleistung
Noch heute ist es Lars Ricken unangenehm, ständig auf das Final-Tor angesprochen zu werden. Denn mit einer grandiosen Teamleistung gewann der BVB das Finale verdient. So mancher Fußball-Experte behauptete später, wenn Ricken in dem Finalspiel nicht das "Jahrhundert-Tor" geschossen hätte, wäre seine Karriere glücklicher verlaufen. Leider wurde eines der größten Offensivtalente der Welt zu früh hochgejubelt. Immerhin, dem BVB blieb er treu. In 301 Spielen erzielte er 49 Tore. Zu ganz großen Spielen reichte es jedoch nur noch selten.
Hier bewerten wir die Leistung der anderen Dortmund-Spieler, die in der Nachbetrachtung kaum Erwähnung fanden:
Stephane Chapuisat: Blieb blass und konnte nicht zu seinen Dribblings ansetzen. Der gefürchtete Wusel-Stürmer kam kaum zum Zug. Wurde in der 70. Minute gegen Ricken ausgewechselt.
Andreas Möller: Machte ein ganz starkes Spiel. War sehr präsent im Mittelfeld, ackerte und grätschte ungewohnt viel. Gab mit der Ecke zum 2:0, und dem Pass auf Lars Ricken zum 3:1 gleich zwei Final-Torvorlagen!
Paolo Sousa: War sehr bemüht. Verlor jedoch viele Zweikämpfe im zentralen Mittelfeld gegen Didier Deschamps. Der portugiesische Filigrantechniker konnte auch offensiv keine Akzente setzen.
Karlheinz Riedle: Der deutsche Nationalspieler machte wahrscheinlich das Spiel seines Lebens. Mit seinem Kopfballspiel und seiner Beweglichkeit ließ er die Innenverteidiger Ferrara und Montero ganz schlecht aussehen. Trotz seiner beiden Tore im Finale wurde später fast nur über das Ricken-Tor berichtet. Riedle wechselte danach zum FC Liverpool.
Paul Lambert: Der Schotte im defensiven Mittelfeld machte mit seiner Zweikampfhärte Zinedine Zidane das Leben schwer. Dem französischen Weltstar gelang bis auf einen Pfostentreffer nicht viel. Der "Wadenbeißer" Lambert schlug außerdem die Flanke zum 1:0 durch Riedle.
Jörg Heinrich: Der linke Mittelfeldspieler hatte gut zu tun, seinen direkten Gegenspieler De Livio zu neutralisieren. Enormes Laufpensum, dafür ging nach vorn nicht viel.
Matthias Sammer: Der spielende Libero dürfte auf Anordnung von Trainer Ottmar Hitzfeld die Position nur sehr defensiv ausüben. War insgesamt unauffällig, aber abgezockt im Zweikampf. Der Kapitän machte hinter Kohler und Kree viele Löcher dicht.
Jürgen Kohler: Der Vorstopper machte eines seiner großen Spiele. Juventus' Sturmkante Christian Vieri ließ er kaum Luft zum atmen. Hart und clever im Zweikampf.
Martin Kree: Der zweite Verteidiger sollte sich um den anderen Stürmerstar Alen Boksic kümmern, was ihm größtenteils gelang. Mit Sammer doppelte er den Kroaten effektiv.
Stefan Reuter: Spulte im rechten Mittelfeld sein Programm ab. Ließ hinten nichts anbrennen. Wie immer solide.
Stefan Klos: Hielt, was es zu halten gab. Strahlte auch nach Juves Anschlusstreffer viel Ruhe aus. In der kritischen Phase der zweiten Halbzeit parierte er zwei wichtige Torschüsse.